Felix Philipp Ingold: LyrikText

Ein Wort, mit all seinem Grün, geht in sich, verpflanzt sich, folg ihm.”

Paul Celan (Schneepart)


Und wenn die Entfernung ihre Stufen hätte; die Nähe ihre Grenzen?

Es gibt in Sachen Literatur zwei Arten von Entdeckungen zu machen: das fertige Werk in seiner ganzen Unfertigkeit - vorgetrieben, kraft seiner Unfertigkeit, bis in sein unausweichliches Extrem, sowie das Werk, das seine immer wieder aufgeschobne Fertigstellung nur halbwegs erreicht hat: beide haben sie mein Interesse; das eine wegen des von ihm zurückgelegten Wegs, das andre wegen des von ihm zurückzulegenden Wegs.

So manche Zitate von Autoren, mit denen ich Umgang hatte, so manche von Tag zu Tag verfasste Notizen ruhen in meinen Schachteln.

Es gibt die paar wenigen Schriftsteller, Denker, Träumer, Dichter, die mir die Augen geöffnet haben, und es gibt, im Nachgang zu ihnen, jene, die es mir ermöglichten, die Augen offenzuhalten. Es gibt solche, die ich unentwegt begierig lese, und andre, die ich nur bei Gelegenheit vornehme. Junge Wortkünstler, denen ich mich angenähert habe in den letzten Jahren, oder ältere Autoren, von denen ich allmählich abgerückt bin.

Das geteilte Wort ist immer neu.


“Unser Blut als Belag für diesen Spiegel: schreiben.”

Jacques Dupin (Dehors)

“Linien und Linien, weiss, die Weite nahm die Augen ein.”

Emmanuel Hocquard (Album d’images de la villa Harris)

“Die Stimme hinter dieser Maske müsste man nachahmen... Und das Gesicht eines andern müsste man bändigen.”

Gérard Macé (Leçon de chinois)

“So ist nun der Augenblick für mein Selbstbildnis gekommen.”

Jacques Roubaud

“Es gibt nichts Geschriebnes
das die Zeit nicht verunklärt.”

Jean Laude (Le dict de Cassandre)


Blick des Buchs: Blick unsrer geschlossnen Augen.


“Halte dich an dein Buch.”

Franz Kafka (Tagebuch)